Day Is Done
Thomas Imbach, Schweiz, 2011o
Über 15 Jahre hinweg filmte der Schweizer Regisseur Thomas Imbach von seinem Atelier am Güterbahnhof aus den kleinen Teil Zürichs, der sich vor ihm ausbreitete und stetig veränderte: fahrende Züge und Flugzeuge am Himmel, ein Schornstein, ein wachsendes Hochhaus, die Hardbrücke und irgendwo Menschen, die immer wieder auftauchen. Dazu hört man die Aufnahmen auf seinem Anrufbeantworter, die sein Privatleben erahnen lassen und sich assoziativ zur Bildwelt gesellen. Ein Seh- und Hörerlebnis von eigentümlicher Magie, das Stadt- und Seelenlandschaften in Fragmenten vermittelt.
Ja, das gibt es auch bei Filmen: Liebe auf den ersten Blick, von der man die unbegreifliche Gewissheit hat, dass sie ein Leben lang hält. Und natürlich versucht man doch zu begreifen, was einen da übermächtig ergreift. Ist es die Radikalität der Reduzierung, mit der ein Filmemacher hier seine Stilmittel auf den Ausblick aus seinem Atelier und die Aufzeichnungen seines Telefonbeantworters beschränkt? Oder ist es gerade umgekehrt die enorme Dauer von rund fünfzehn Jahren, während denen Thomas Imbach diesen Versuch durchgezogen und damit ein Stück Stadtgeschichte und schonungslose Autobiographie in einem geschrieben hat? Vielleicht liegt der Zauber dieser zwei (von vielen, doch wenigen vergleichbaren) Sternstunden des Schweizer Films in der Verschränkung: In der Reduktion eröffnet sich ein grosser Reichtum, im Blick aus dem Fenster der Wandel einer ganzen Stadt, in den unerwiderten Telefonmonologen ein halbes Leben mit seinen verblichenen Hoffnungen und Momenten des Glücks. Was der Film ausspart, ergänzen wir unwillkürlich um das Ungesehene und Unausgesprochene. Je weniger gezeigt und gesagt wird, desto mehr erahnen wir das grosse Ganze darum herum: Schönheit und Traurigkeit, Werden und Vergehen, die Welt im sprichwörtlichen Regentropfen.
Andreas FurlerGalerieo





